Vorbereitung
Auf dieser Seite finden Sie einige grundsätzliche Informationen zur inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitung von diagnostischen Interviews. Ziel der Interviews ist die Erhebung der mathematischen Denkwege von Schülerinnen und Schülern.
Beachten Sie jedoch, dass es nicht DIE Vorbereitung gibt, sondern dass es stets auch vom Thema und den Rahmenbedingungen eines Interviews abhängt, wie intensiv Sie auf bestimmte Punkte eingehen.
Inhaltliche Vorbereitung eines Interviews
Um die Denkweisen oder Strategien von Kindern durch diagnostische Gespräche offenzulegen, bedarf es einer guten Vorbereitung. Diese kann in der Praxis selbstverständlich nicht immer so ausführlich ausfallen, wie sie hier vorgestellt wird. Die wesentlichen Punkte sollten jedoch immer berücksichtigt werden.
Mit wachsender Praxiserfahrung fällt es zunehmend leichter, solche Gespräche auch spontan während des Unterrichts zu führen. Wichtig bleibt dabei immer die diagnostische Haltung der Lehrkraft.
Die folgende Übersicht gibt Ihnen einen Überblick über die wesentlichen Punkte, die Sie bei der Planung Ihres Interviews bzw. Ihres diagnostischen Gespräches beachten sollten. Sinnvoll ist es, all diese Punkte kurz und prägnant in Form eines Interviewleitfadens zusammenzustellen.
Dieser hilft Ihnen, sich schon vorab ganz bewusst mit den Inhalten und dem potenziellen Ablauf des Interviews auseinanderzusetzen. Außerdem kann der Leitfaden Ihnen während des Interviews als eine Art Spickzettel dienen, damit sie alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigen und ein vollständiges Bild der Denkweisen oder Strategien des Kindes erhalten.
1. Vorbereitungsschritt: Thema des Interviews festlegen.
z.B. "Vorwissen von Zweitklässlern zur Multiplikation"
2. Vorbereitungsschritt: Zielsetzung(en) und Forschungsfrage(n) formulieren.
Was genau wollen Sie durch das Interview herausfinden?
3. Vorbereitungsschritt: Mit dem mathematischen und dem mathematikdidaktischen Hintergrund auseinandersetzen.
Mathematische Analyse: Was steckt in der/den Aufgabe(n)? Welche mathematischen Kenntnisse sind notwendig, um die Aufgabe(n) lösen zu können? Rechnen Sie die Aufgabe(n) in jedem Fall selbst! Didaktische Analyse: Welche Befunde zu Vorgehensweisen bzw. typischen Fehlern gibt es in der Literatur?
4. Vorbereitungsschritt: Geeignete Aufgaben zusammenstellen und deren Auswahl begründen.
Warum eignet sich die Zusammenstellung der Aufgaben besonders gut, um eine Antwort auf die Forschungsfragen zu finden?
5. Vorbereitungsschritt: Sternchen-Aufgaben zusammenstellen.
Wie kann man noch mehr über das Denken der schnellen oder starken Kinder erfahren?
6. Vorbereitungsschritt: Einstieg in das Interview gestalten
Was sagen Sie dem Kind, warum und mit welchem Zweck das Interview durchgeführt wird? Wie gestalten Sie den Einstieg, wenn Sie dem Kind ein Aufgabenformat präsentieren, das es noch nicht kennt (z.B. Zahlengitter)? Wie klären Sie die Rechenvorschrift, ohne eine platten Vortrag zu halten? Wie kann das Kind ggf. die Rechenvorschrift selbst entdecken?
7. Vorbereitungsschritt: Geeignete Fragen formulieren.
Welche Fragen eignen sich, um besonders viel über die Denkwege der Kinder in Hinblick auf Ihr Thema und Ihre Zielsetzung zu erfahren? Was machen Sie, wenn ein Kind nicht weiter weiß?
8. Vorbereitungsschritt: Mögliche Vorgehensweisen und typische Fehler der Kinder antizipieren.
Welche Vorgehensweisen und ggf. typischen Fehler des Kindes erwarten Sie? Je mehr man sich darüber schon vor dem Interview Gedanken macht, umso flexibler kann man während des Interviews auf das Vorgehen der Kinder eingehen.
9. Vorbereitungsschritt: Mögliche Impulse überlegen.
Was können Sie fragen, um noch mehr über das Denken der Kinder zu erfahren? Denken Sie immmer daran, dass wir möglichst alle Kompetenzen des Kindes wahrnehmen wollen! Es reicht nicht, wenn das Kind eine Aufgabe einfach nur lösen kann!
10. Vorbereitungsschritt: Material für die Schülerinnen und Schüler aufbereiten.
Wie sollen ggf. die Arbeitsblätter gestaltet sein? Inwiefern und in welcher Form wollen Sie dem Kind Material zum Handeln zur Verfügung stellen?
11. Vorbereitungsschritt: Wie soll während Ihres Interviews die Dokumentation erfolgen?
Protokoll, Video- oder Tonaufnahme? Insbesondere als Anfänger sollten Sie bedenken, dass es kaum möglich ist den Aussagen des Kindes genügend Beachtung zu schenken, weitere Fragen zu stellen und gleichzeitig die wesentlichen Aspekte zu protokollieren. Videoaufnahmen erleichtern die anschließende Analyse. Denken Sie in diesem Fall an eine Einverständniserklärung der Eltern.
12. Vorbereitungsschritt: Auswertung
Sie sollten schon vor dem Interview wissen, in welcher Art und Weise Sie die Daten auswerten wollen, da nicht mit jeder Art von Daten jede Art von Auswertung erfolgen kann. Brauchen Sie z.B. Transkripte, wollen Sie Lösungshäufigkeiten ermitteln usw.?
Eigenaktivität: Erstellen Sie selbst einen Interviewleitfaden zu einem der beiden folgenden Themen
1. Welche Vorkenntnisse bringen Zweitklässler zur Multiplikation und Division mit?
2. Welche prozessbezogenen Kompetenzen zeigen Drittklässler bei der Bearbeitung des Aufgabenformats "Finde alle Zahlengitter zur Zielzahl 20"? Wie gehen sie vor und wie begründen sie die Vollständigkeit ihrer Lösungen?
Sie finden hier zur groben Orientierung bereits zwei angefangene Interviewleitfäden. Versuchen Sie, möglichst die roten Textteile umfassend zu füllen und die Fragen zu beantworten.
Standortbestimmungen zu Vorkenntnissen von Zweitklässlern zur Multiplikation und DivisionProblemlöse- und Argumentionskompetenzen von Kindern im Kontext des Aufgabenformats Zahlengitter
Hinweise
An dieser Stelle können Sie sich exemplarisch Interviewleitfäden zu anderen Themen anschauen.
Berücksichtigen Sie, dass Ihre Leitfäden, insbesondere Ihre Zielsetzung und Aufgabenauswahl immer auch auf die individuellen Gegebenheiten Ihres Interviews abgestimmt sein müssen.
Kapitänsaufgaben lösenProzessbezogene Kompetenzen im Kontext des Aufgabenformats Reihenfolgezahlen
Hinweis zur Durchführung von Videoaufnahmen
Wenn Sie sich entscheiden Ihre Interviews auf Video aufzuzeichnen, so denken Sie daran, dass Sie dann die Einverständniserklärung der Eltern einholen müssen, um die Kinder filmen zu dürfen. Solch ein Schreiben sollte man der Klassenlehrerin rechtzeitig zur Verfügung stellen, da die Rücklaufzeit häufig über einer Woche liegt.