Projektziele

Das Projekt Kinder rechnen anders (KIRA) an der Technischen Universität Dortmund entwickelt und evaluiert am Beispiel der Grundschule Materialien, die die Studierenden in die Lage versetzen sollen, Denkwege von Kindern besser zu verstehen, damit sie auf diese dann individuell eingehen können. Es verfolgt die folgenden Zielsetzungen in drei Kompetenzbereichen:

  • Einstellungen: Erhöhung der Sensibilität für die Andersartigkeit und Vernünftigkeit mathematischer Denkweisen von Kindern, der Bereitschaft, sich auch auf unverständliche Denkwege einzulassen (Kompetenzorientierung: Kinder denken vernünftig, wenngleich anders!) sowie Entwicklung einer neuen Einstellung Fehlern gegenüber (Fehler als integrale Bestandteile des Lernprozesses: Mit Fehlern muss gerechnet werden!)
     
  • Wissen: Ausbau der Beurteilungs- und Handlungsbasis durch den Erwerb von inhaltsbezogenem Hintergrundwissen (Rechenstrategien, Fehlermuster, …) zu Vorgehensweisen von Schülerinnen und Schülern bei zentralen Inhalten der Grundschularithmetik als unverzichtbare Hilfe für die Vorbereitung (Antizipation von Denkwegen bzw. Schwierigkeiten), Durchführung (flexible Reaktion) und Auswertung (reflektierte Analyse von Schüleräußerungen und Unterrichtsverläufen) von Unterricht
     
  • Können: Erwerb von Verfahren, um das mathematische Denken der eigenen Schülerinnen und Schüler systematisch und authentisch zu erheben und zudem nicht nur Momentaufnahmen, sondern auch Lernentwicklungen (Fortschritte, Stagnationen, Rückschritte) zu dokumentieren

 

Maßnahmen

Ausgangslage

Mit Beginn des Projektes KIRA im Januar 2008 wurden zum Zweck einer diagnostisch orientierten und praxisnahen Ausbildung angehender Grundschullehrkräfte gezielt Materialien in Form von Video- sowie Kinderdokumenten gesammelt, um die in den Lehrveranstaltungen

  • ‚Grundlegende Ideen der Mathematikdidaktik' (Vorlesung + Übung),
  • ‚Mathematik in den Klassen 1-6' (Vorlesung + Übung),
  • ‚Mathematische Lehr- und Lernprozesse' (Seminar),
  • ‚Arithmetikunterricht in der Primarstufe' (Seminar)

erarbeiteten Konzepte und Theorien zum Lehren und Lernen von Mathematik mit Praxisbeispielen zu untermauern und ihre Relevanz für die spätere Berufspraxis hervorzuheben. Somit wurde zunächst für die Studierenden der TU Dortmund die Möglichkeit geschaffen, durch die Reflexion und Einordnung von Primär-, Sekundär- und Tertiärerfahrungen ihre didaktischen Kompetenzen auszubauen.

Website

Über die Projektlaufzeit hinweg ist dabei diese Website entstanden, die mittlerweile den Kern des Projekts darstellt. Im Bereich 'Material' finden sich nunmehr 56 Themenseiten, die zu zentralen Themen der Grundschulmathematik insbesondere Hintergrundwissen, Videos, Schülerdokumente und Literaturtipps enthalten.

Die Online-Verfügbarkeit ermöglicht es, dass bereits mehr als 70 lehrerausbildende Institutionen in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz unser Material nutzen (Stand: Januar 2011).

Einsatz der Materialien in der Lehre

Mithilfe der KIRA-Materialien können angehende Grunschullehrkräfte wichtige Primär-, Sekundär- und Tertiärerfahrungen im Umgang mit den mathematischen Denkwegen von Kindern sammeln. Diese Punkte sollen im Folgenden näher erklärt werden.

Primärerfahrungen: Experimente

Die Studierenden führen (z.B. im Rahmen von Seminaren) selbst mathematische Gespräche mit Kindern, bei denen sie versuchen, das individuelle Denken des jeweiligen Kindes besser zu verstehen und im Gesprächsverlauf flexibel darauf einzugehen. Sie analysieren diese Interviews und präsentieren die Ergebnisse ihrer Analysen in Veranstaltungen und Seminararbeiten. Hierzu wurden im Projekt...

  • Materialien entwickelt, die die Studierenden dabei unterstützen, die Interviewtechnik zu erlernen und ihr Gesprächsverhalten zu reflektieren,
  • exemplarische Interviewleitfäden erstellt, die von den Studierenden benutzt werden können, wenn diese ihre ersten Interviews durchführen (Reduktion von Komplexität) und
  • Informationen (schriftlicher Art, Videos, Checklisten, …) entwickelt, wie die Studierenden Interviews auf der Grundlage der Literaturlage selbst konzipieren, durchführen, auswerten und präsentieren können.

Einen Großteil dieser Materialien finden Sie auf dieser Website unter 'Lernen, wie Kinder denken'.

Foto von 2 Schülern, die jeweils gemeinsam mit einem Erwachsenen Aufgaben erledigen. In der Mitte des Tisches steht eine Kiste mit Holzwürfeln.

Sekundärerfahrungen: Analysen

Die Studierenden analysieren (z.B. im Rahmen von Übungen, schriftlichen Bearbeitungen aber auch Vorlesungen) vorliegende, also von anderen Personen produzierte bzw. zusammengestellte Dokumente. Dabei werden im Wesentlichen vier Formen von (miteinander kombinierbaren) Dokumenten benutzt: Videoszenen, Transkripte, Beschreibungen von Unterrichtsepisoden sowie schriftliche Dokumente der Kinder.

Im Projekt werden derartige Dokumente durch herausfordernde Aufgabenstellungen so aufbereitet, dass sie die Studierenden zur eigenen, literaturgestützten Auseinandersetzung anregen. Die Studierenden können sich hierbei mit...

  • der Originalität des mathematischen Denkens von Kindern (Kinder denken anders als Erwachsene denken bzw. als Erwachsene es erwarten),
  • der Heterogenität des mathematischen Denkens von Kindern (Kinder denken anders als andere Kinder bzw. als sie selbst in vergleichbaren Situationen) und
  • der Diskontinuität des mathematischen Denkens von Kindern (Kinder denken anders als sie zu anderen Zeitpunkten gedacht haben)

befassen.

Fotos von Studierenden, die vor mehreren Bildschirmen sitzen und sich Lernsituationen von Kindern anschauen.  

 

Tertiärerfahrungen: Illustrationen

Die Studierenden lernen (z.B. in Vorlesungen) vorliegende, also von anderen Personen produzierte, zusammengestellte und kommentierte Dokumente kennen, die zentrales, berufsbezogenes Hintergrundwissen illustrieren. Hierzu werden im Projekt...

  • Dokumente produziert, aufbereitet und kommentiert, so dass sie in Lehrveranstaltungen oder auch im Heimstudium zur Illustration von Hintergrundwissen und zur Unterstützung des Aufbaus von Handlungsfähigkeit eingesetzt werden können (auch Stopp-Videos, Entwicklungsvideos, ...) sowie
  • Dokumente für das Heimstudium sind unter 'Material' bereitgestellt

Foto eines Hörsaals, bei dem gerade ein Video eines rechnenden Kindes präsentiert wird.