Fermi-Aufgaben sind nach dem italienischen Kernphysiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi (1901-1954) benannt, der dafür bekannt war, dass er sich bei seinen Studenten vor allem für deren Denkvermögen interessierte und ihnen sonderbare Fragen stellte. Am bekanntesten ist mittlerweile seine Frage: „Wie viele Klavierstimmer gibt es in Chicago?".

Fermi-Aufgaben sind in gewisser Weise auf die Realität bezogen, zugänglich und offen. Sie fördern Kompetenzen wie das Erforschen, das Überschlagen, das Arbeiten mit großen Zahlen, das Umrechnen von Größen, das Nutzen von Alltagswissen, das Argumentieren, das Kommunizieren, die Selbstständigkeit und das Anwenden heuristischer Strategien.

Sie fordern heraus, sie regen das Weiterdenken an und öffnen den Blick für Mathematik in der Welt (vgl. Wälti 2005, S. 34-38) - auch wenn man in der Regel in der Realität nicht mit solchen Aufgaben konfrontiert wird.

Daher sollten Fermi-Aufgaben im Unterricht sehr dosiert eingesetzt werden. Und es sollte auch mit den Lernenden darüber gesprochen werden, dass solche Fragestellungen keine sind, die sich im täglichen Leben stellen.

Charakteristisch für diese Aufgabenart ist u.a.:

  • Es scheint sich zunächst um ein unlösbares Problem zu handeln, auf das man sich erst einmal einlassen muss, um es zu lösen.
  • Fehlende Informationen müssen aus Annahmen, Alltagssituationen, durch Schätzen, Vermuten, Überschlagen, Nachschlagen oder das Befragen von Experten gewonnen werden.
  • Es muss mit großen Zahlen oder häufig auch dem Umrechnen von Größen gearbeitet werden.
  • Es gibt keine eindeutigen Angaben und Lösungswege und erst recht nicht „die richtige oder falsche Lösung", so dass die gefundene Lösung plausibel begründet und Vorgehensweisen erklärt werden müssen.
  • Ergebnisse müssen überprüft, verglichen und bewertet werden.

 (vgl. Wälti 2005, S. 34-38; Bongartz & Verboom 2007, S. 146-149)

Das Rechnen selbst tritt damit in den Hintergrund. Im Vordergrund stehen vielmehr die Schritte vor und nach dem Rechnen, wie das Schätzen, Messen, Recherchieren, das Übersetzen in die Sprache der Mathematik, das Finden verschiedener Wege und das Interpretieren und Bewerten der Ergebnisse.

Hinweise zum Einsatz von Fermi-Aufgaben im Unterricht:

Insbesondere weil Fermi-Aufgaben sehr offen gestellt sind, ist es Aufgabe der Lehrperson, sich gut vorzubereiten. Sie sollte sich daher überlegen, ...

  • ob es Begriffe oder Sachinhalte gibt, die sie mit den Kindern zuvor besprechen muss.
  • welche Ideen die Kinder für den Lösungsprozess haben könnten und was sie ggf. dafür bräuchten.
  • welche Literatur und welches Material sie den Kindern zur Verfügung stellt.
  • welche Räume/Orte die Kinder zur Lösungsfindung nutzen können.
  • wie sie Kinder unterstützt, die keine Ideen haben und/oder keinen Lösungsansatz finden.

 (vgl. Bongartz & Verboom 2007, S. 146-149)

Auch wenn Fermi-Aufgaben sicherlich eher selten realistisches Sachrechnen verkörpern, kann es sich dennoch lohnen, auch diese Aufgaben im Unterricht einzusetzen, da bei der Auseinandersetzung mit solchen Aufgaben vielfältige inhalts- sowie prozessbezogene Kompetenzen gefordert und gefördert werden.

Aber wie oben angedeutet: dosiert und vor dem Hintergrund, dass sie nicht wirklich ‚das Leben‘ verkörpern.

 

Aufgabenbeispiele für wirklich authentische Sachrechenanlässe im Sinne des Ziels 'Sachrechnen als Beitrag zur Umwelterschließung' finden Sie beispielsweise auf der Website des Projekts PIK AS im PIKAS: Fortbildungsmodul: Gute Aufgaben: 'Sachsituationen' oder im PIKAS: Unterrichtsmodul: 'Größen und Messen'.

Literatur